Mitarbeiterführung: Vertrauen besiegt Angst

Es gibt zwei Möglichkeiten, Menschen zu führen. Man kann ihnen entweder auf Augenhöhe begegnen, sie mit Respekt behandeln, ihnen Vertrauen schenken. Oder aber man lässt seine Muskeln spielen, macht die Mitarbeiter durch ein Regime der Angst gefügig.

Mitarbeiterführung: Vertrauen oder Angst?

Vertrauen aufzubauen ist schwierig. Man benötigt viel Einfühlungsvermögen, viel Geduld, Zeit und Hingabe. Und auch wenn das Vertrauen einmal da ist, kann es in Sekundenbruchteilen wieder futsch sein. Vertrauen ist immer nur geliehen.

Die Vorteile der Angst liegen dagegen auf der Hand: Die Führungskraft sitzt selbst am Steuer, ist nicht auf das Wohlwollen des Mitarbeiters angewiesen, kann die eigene Linie ohne lästige Widersprüche durchziehen. Außerdem verleiht es vielen Menschen ein warmes, schönes Gefühl, Macht auszuüben. Das scheint einfach in unserer menschlichen Natur zu liegen.

Trotzdem ist der Weg des Vertrauens sicherlich der bessere. Mitarbeiter legen mehr Engagement an den Tag, wenn sie das Gefühl haben, dass sich ihr Vorgesetzter um sie kümmert und ihnen Vertrauen schenkt. Das sagt mir nicht nur meine Erfahrung, das belegen auch Studien.

Wenn Vertrauensvorschuss missbraucht wird

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht jeder Mitarbeiter diesen Weg mitgeht. Nicht jede/r kann mit Freiheit und Verantwortung umgehen. In der Tat liegt es für manche Menschen anscheinend außerhalb des Vorstellbaren, dass es ihr Chef ernst mit ihnen meint. Warum eigentlich? Liegt es daran, dass volkstümlich geglaubt wird, Chefs sind per se immer böse? Liegt es daran, dass Unternehmer in Film und Fernsehen fast ausschließlich als zwielichtige, skrupellose, egozentrische Charaktere dargestellt werden?

Dieses Grundmisstrauen könnte die Ursache dafür sein, dass ein Vertrauensvorschuss seitens des Chefs manchmal missbraucht wird, in Form von Leistungsverweigerung zum Beispiel. Und dann drohen alle Bemühungen des Vorgesetzten ins Leere zu laufen. Dauerhaft kann kein Chef einen Mitarbeiter akzeptieren und durchschleppen, der sich zu arbeiten weigert. Leider ist es manchmal unvermeidlich, das Arbeitsverhältnis dann zu beenden. Wenn Vertrauen nur einseitig und ein großes Missverständnis ist, mündet es manchmal in ein für beide Seiten bitteres Ende.

Nützliche Idioten oder Geschöpfe Gottes?

Darum glaube ich, dass sich Vorgesetzte und Mitarbeiter bis zu einem gewissen Grade aufeinander einlassen müssen. Auch für Chefs beginnt die Frage des Führungsstils grundsätzlich schon hier: Betrachte ich meine Mitarbeiter als nützliche Idioten, denen ich Vertrauen vorgaukele, damit sie mir nützen? Oder sehe ich ihn ihnen wertvolle Individuen, möglicherweise sogar Geschöpfe Gottes?

Wer in ihnen wertvolle Individuen sieht, der hat allein schon die moralische Verpflichtung, alle Mitarbeiter mit Respekt und Rücksicht zu behandeln. Und ihnen ein großes Maß an Grundvertrauen – als Vorschuss – entgegenzubringen – verbunden mit der Hoffnung, dass dieses erwidert und bestätigt wird.

Ihr
Reiner Kafitz

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